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Warnhinweise und

Sicherheitshinweise
Karsten Voß

 

  • Technischer Redakteur und Berater bei der ZINDEL AG
  • Leiter des Aufgabenbereichs Entwicklung
  • Schwerpunkte: Regulative Anforderungen, Sicherheitsinformation, Klassifizierung, CCMS
  • karsten.voss@zindel.de
    +49 40 53047844

Sicherheit

ist Freiheit von Gefährdungen.

Was soll geschützt werden?

Maschinenrichtlinie: Personen und deren Gesundheit, „gegebenenfalls“ Haustiere und Sachen
Niederspannungsrichtlinie:  Personen und deren Gesundheit, Haus- und Nutztiere, Güter
ISO 12100: körperliche Unversehrtheit und Gesundheit von Personen
IEC 82079-1: körperliche Unversehrtheit und Gesundheit von Personen, Güter, Umwelt
ANSI Z535.6: körperliche Unversehrtheit und Leben von Personen

Das Grundgesetz

Artikel 2

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.

[...]

Artikel 14

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet.

Schutz des Lebens und der Unversehrtheit durch

  • Strafrecht
  • Haftungsrecht
  • Arbeitschutzrecht
  • Produktsicherheitsrecht

Schutz vor Haftung

Formulierungen, mit denen man sich juristisch absichern kann?

„Bedienung nur durch unterwiesenes/sachkundiges Personal“

„Jeder … muss die Betriebsanleitung vollständig gelesen und verstanden haben.“

„Haftungsbeschränkung

Sämtliche Informationen in diesem Handbuch dürfen nicht als Sachmängelhaftung durch [Hersteller] aufgefasst werden, dass der [Produktname] bei Befolgung aller Sicherheitsanweisungen keine Verletzungen oder Schäden verursacht.“

Benutzerinformation ist eine Schutzmaßnahme

Vor Haftungsansprüchen ist man geschützt, wenn kein Schaden entsteht.

Grundlage für Sicherheitsinformation ist eine Risikobeurteilung.

3 Schritte zum sicheren Produkt

  1. Risikoanalyse
  2. Risikominderung
  3. Risikobewertung

Die Risikobeurteilung ist das Verfahren aus Risikoanalyse und Risikobewertung.

3 Schritte der Risikoanalyse

  1. Festlegung der Grenzen der Maschine
  2. Identifizierung der Gefährdungen
  3. Risikoeinschätzung

Gefährdung: Quelle eines möglichen Schadens.

Risiko: Kombination aus Schwere des Schadens und Wahrscheinlichkeit des Eintritts.

3 Komponenten der Wahrscheinlichkeit

  • Dauer der Exposition
  • Häufigkeit eines Gefährdungsereignisses
  • Möglichkeit der Vermeidung oder Begrenzung des Schadens
Risikograph nach DIN EN ISO 13849
Beispiel für Risikoeinschätzung

3 Schritte der Risikominderung

  1. inhärent sichere Konstruktion
  2. technische und ergänzende Schutzmaßnahmen
  3. Benutzerinformation

„Die Benutzerinformation darf kein Ersatz für die korrekte Anwendung der inhärent sicheren Konstruktion, der technischen Schutzmaßnahmen oder der ergänzenden Schutzmaßnahmen sein.“ (DIN EN ISO 12100:2011-03)

Benutzerinformation

  1. Signale und Warneinrichtungen
  2. Kennzeichnungen, Zeichen, Warnschilder
  3. Begleitunterlagen

EN ISO 12100:2010

Probleme mit der Risikobeurteilung

Problem 1:

Es wird keine Risikobeurteilung durchgeführt.

Problem 2:

Die Risikobeurteilung enthält sehr viele Restrisiken, vor denen gewarnt werden muss.

Problem 3:

Die Risikobeurteilung enthält ausformulierte Warnhinweise.

Warnhinweis in Risikobeurteilung
  • Nehmen Sie die Risikobeurteilung selbst in die Hand.
  • Stellen Sie Altlasten infrage.
  • Keine Sicherheits- oder Warnhinweise, weil alle das reinschreiben.
  • Für Benutzerinformation sind Sie die Spezialisten

Warum Normen wichtig sind

  • Normen beschreiben den Stand der Technik.
  • Die Einhaltung von Normen ist nachprüfbar.
  • Wenn man von Normen abweicht, sollte die eigene Lösung nachweis­bar mindestens gleichwertig sein.

Begriffe aus Normen

Sicherheitshinweise, Warnhinweise

  • IEC 82079-1:2012; Allgemeine Grundsätze und ausführliche Anforderungen (General principles and detailed requirements)
  • IEC IEEE 82079-1:2019: Principles and general requirements

Sicherheitshinweise, Warnhinweise

  • Definition nach ihrem didaktischen Zweck
  • Vorgaben zum Inhalt und zur Anordnung
  • Kaum Vorgaben zur Gestaltung

Safety Messages

  • ANSI Z535.6
  • Seit 2006, aktuelle Version von 2011
  • Erste Norm über Sicherheitsinformation in produktbegleitenden Unterlagen

Safety Messages

  • Definition ausgehend von der Anordnung
  • Detaillierte Anforderungen zu Inhalt und Gestaltung

Sicherheitsanweisungen, Warnungen

  • DIN EN ISO 20607:2019-10
  • Wird zur Maschinenrichtlinie „harmonisiert“

Sicherheitsanweisungen, Warnungen

  • Sicherheitsanweisungen entsprechen den safety messages aus ANSI Z535.6.
  • Warnungen sind allgemein Informationen über Gefährdungen, nicht nur in Betriebsanleitungen.
  • Nur sehr allgemeine Anforderungen zum Inhalt von Sicherheitsanweisungen

Produktnormen sprechen oft von Warnungen oder Anweisungen.

DIN EN 60335
Sicherheitshinweise

sind sicherheitsbezogene Informationen, die nach einem sinnvoll organisierten System in einem Dokument oder Abschnitt eines Dokuments gesammelt oder gruppiert sind.

„Kapitelbezogene Warnhinweise/​Sicherheitshinweise“?

Zweck
  • Sicherheitsmaßnahmen erläutern,
  • Sicherheitsbewusstsein erhöhen,
  • Eine Grundlage für Sicherheitsunterweisungen bieten.
Inhalt

Sicherheitshinweise enthalten Informationen über

  • Gefährdungen, eventuell deren Ursachen,
  • Maßnahmen zur Vermeidung der Gefährdung,
  • Konsequenzen bei Nichtvermeidung.

Anweisungen für den Notfall?

Grundsätzliche Arbeitsschutzregeln?

„Geltende Vorschriften einhalten.“

„Unfallverhütungsvorschriften einhalten.“

Liste von Schutz-/Sicherheitseinrichtungen?

Haftungshinweise? Garantiehinweise?

Wer liest eigentlich Sicherheitshinweise?

Gestaltung

von Sicherheitshinweisen

  • Es gibt keine Formatvorgaben.
  • Keine Signalwortpanels verwenden.
  • Ein Signalwort darf in der Überschrift oder für einzelne besonders wichtige Sicherheitshinweise verwendet werden.

Das Sicherheitskapitel sinnvoll gliedern

Aussagefähige Überschriften verwenden.

Warnhinweise

sind sicherheitsbezogene Informationen, die vor einer Gefährdung warnen und Anweisungen geben, um sie zu vermeiden.

Arten von Warnhinweisen

  • Eingebettete Sicherheitsanweisungen¹, (embedded safety messages²/embedded safety instructions¹)
  • Abschnitts-Sicherheitsanweisungen¹ (section safety messages²/section safety instructions¹)

 

¹: DIN EN ISO 20607, ²: ANSI Z535.6

Anordnung von Warnhinweisen

  • Im Kontext einer Handlungssequenz,
  • Eingebettete Sicherheitsanweisungen: als Schritt oder Teil eines Schritts innerhalb einer Handlungssequenz,
  • Abschnitts-Sicherheitsanweisungen: vor einer Handlungssequenz.

Gestaltung von Warnhinweisen (IEC82079-1)

  • Signalwort GEFAHR, WARNUNG oder VORSICHT,
  • davor allgemeines Warnzeichen (Nicht mehr in IEC IEEE),
  • kurz und bündig,
  • auffallend, gut sichtbar.

Gestaltung von Section Safety Messages (ANSI Z535.6)

  • Warndreieck oder Signalwortfeld (sollte),
  • Signalwortfeld über oder links neben neben dem Warnhinweis,
  • Signalwort serifenlos, fett, in Versalien, zentriert,
  • Text konsistent ausgezeichnet.

Gestaltung von Embedded Safety Messages (ANSI Z535.6)

  • Allgemeines Warnzeichen oder ein Signalwort oder ein Signalwortfeld können verwendet werden,
  • Ausrufezeichen nach dem Signalwort, falls kein Signalwortfeld verwendet wird,
  • Text konsistent ausgezeichnet.
Farben

müssen nicht verwendet werden.

„Visuelle Darstellungen innerhalb von sicherheitsbezogenen Informationen müssen durch die Anwendung von Farben, Formen, Positionierungen (siehe 6.3) oder anderen Mitteln hervorgehoben werden, um sie auffällig zu machen.“ (IEC 82079-1)

ANSI Z535.6 legt Farben für den Fall fest, dass Farben verwendet werden.

S.A.F.E.

ist kein Gesetz.

ISO 20607

Statt zu warnen, müssen wir zum richtigen Handeln anleiten.

Dietrich Juhl

Ein Warnhinweis ist angebracht, wenn eine Gefährdung unerwartet entsteht.

  • Nicht erkennbar,
  • plötzlich,
  • Eintrittswahrscheinlichkeit größer,
  • Möglichkeit zur Vermeidung geringer,
  • Schaden schwerer.

Beachten:

  • Benutzeranalyse
  • Zielgruppenbestimmung
  • Sicherheitshinweise

Anweisungen müssen zur Zielgruppe und zur Situation passen.

Neu in IEC IEEE 82079-1:2019:

7 Prinzipien

der Informationsqualität

  • Vollständigkeit (completeness)
  • Minimalismus (minimalism)
  • Korrektheit (correctness)
  • Prägnanz, Exaktheit (conciseness)
  • Konsistenz (consistency)
  • Verständlichkeit, Klarheit (comprehensibility)
  • Verfügbarkeit (accessibility)

Alle Prinzipien sind in Bezug auf die Zielgruppen zu verstehen.

Vollständigkeit

ist abhängig von

  • Risiken bei der Nutzung des Produkts,
  • Aufgaben, die Nutzer während des gesamten Lebenszyklus des Produkts ausführen möchten und dürfen,
  • Informationsbedarf,
  • gesetzlichen und vertraglichen Anforderungen.
Minimalismus

 

  • Nur kritische Informationen,
  • ansonsten so viel Information, wie für die Zielgruppe und den Zweck nötig ist.

Kritisch sind Informationen über Sicherheit, Datenschutz und Datensicherheit.

Der Begriff „Minimalismus“ wurde in den 1970erjahren von John M. Carroll geprägt

Prinzipien des Minimalismus sind:

  • Lerne Deine Zielgruppe kennen.
  • Entferne unnötigen Inhalt.
  • Konzentriere Dich auf das Ziel des Nutzers, nicht auf Funktionen.

Ideen des Minimalismus sind eine der Grundlagen von DITA.

Korrektheit

D. h. technisch korrekt für das betreffende Produkt.

„Änderungen im Sinne des technischen Fortschritts vorbehalten.“

„Abbildungen in dieser Betriebsanleitung dienen dem grundsätzlichen Verständnis und sind nur exemplarisch.“

Prägnanz, Exaktheit

 

  • Keine unnötigen Wörter verwenden.
  • Keine unnötigen Details.
Konsistenz

 

in Bezug auf

  • Inhalt,
  • Format,
  • Medien

Systeme für konsistente Formatierung sollten getrennt werden von Systemen für konsisenten Inhalt. Trennung von Inhalt und Format.

Verständlichkeit

 

  • Text,
  • Illustrationen,
  • Zeichen, Symbole,
  • Navigation,
  • Medien.
Verfügbarkeit

 

  • Praktisch verfügbar und lesbar,
  • für die Zielgruppe,
  • im Nutzungskontext,
  • über die gesamte Lebensdauer des Produkts.

Besonderheiten in Nordamerika

Besonderheiten des Rechtssystems

 

  • Vermischung von Produktsicherheitsrecht, Arbeitsschutzrecht und Brandschutz
  • Starke Zersplitterung des Rechts
  • Hohe Entschädigungen in Haftungsfällen
  • Verfahrensrecht bei Haftungsprozessen
  • „Klageindustrie“

Marktregulierung:

hier Vorsorgeprinzip, dort Wissenschaftsprinzip

Schlussfolgerungen für die Praxis

 

  • Keinen geringeren Sicherheitsstandard anbieten als in Europa.
  • Viel Warnen schadet viel.
  • ANSI Z535.6 konsequent anwenden.
  • Enge Zusammenarbeit mit Behörden vor Ort.
  • Zielgruppenanalyse durchführen.

Wann ist ein Warnhinweis wirksam?

  1. Er wird wahrgenommen und gelesen.
  2. Er wird verstanden.
  3. Er wird beachtet.
SSL-Warnung
SSL-Warnung

Je mehr Warnungen, desto weniger werden sie bemerkt.

Komplexe Zusammenhänge werden in der Situation einer Warnung nicht verstanden.

Sicherheitshinweise erläutern Sicherheitsmaßnahmen und erhöhen das Sicherheitsbewusstsein.

Sicherheitsinformation prüfen

  • Risikominderung dokumentieren, Risikobewertung durchführen.
  • Bewertung der Effektivität der Kommunikation durch Experten durchführen lassen.
  • Empirische Methoden: Befragungen, Usability-Tests, Auswertung von Rückmeldungen von Kunden und Service.

Karsten Voß | ZINDEL AG | Warnhinweise und Sicherheitshinweise | 2019-09-28 | tekom-Regionalgruppen Sachsen-Anhalt/Thüringen/Sachsen